Geschäftsführer Steve Bruder im MZ Interview mit Christine Färber

TGZ will Ballast abwerfen


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WOLFEN/MZ
Ballast will der Chef des Technologie- und Gründerzentrums (TGZ) Bitterfeld-Wolfen, Steve Bruder, abwerfen. Dazu gehört die wissenschaftliche Bibliothek, die nach seinen Worten im Online-Zeitalter kaum noch genutzt wird. Das Wichtigste aber: Das einstige UHU-Gebäude im Wolfener Areal des Chemieparks soll weg. Und da sei er guter Hoffnung, meint er und verweist auf Gespräche mit potenziellen Interessenten für das Haus.

Dringend Kosten senken

Das ist ein Schritt zur Senkung der Kosten, die jährlich für das defizitär arbeitende TGZ anfallen. Das ist dringend nötig. Denn die Auslastung der Einrichtung in Wolfen, die Adresse für Start-up-Unternehmen, liegt aktuell bei 53 Prozent. In dieser Größenordnung dümpelt sie seit Jahren. Ein Zustand, mit dem keiner zufrieden ist. Doch: „Erstmals seit 2016 verzeichnen wir mehr Ein- als Auszüge von jungen Firmen“, sagt Bruder. Das stimmt ihn optimistisch. Auch für dieses Jahr stünden neue Mieter im Fokus. 2019 haben nach seinen Worten fünf junge Firmen einen Mietvertrag mit dem TGZ unterschrieben. Damit sind derzeit 20 Firmen unter seinem Dach vereint.

Noch immer, so Bruder, trage das TGZ an den Entscheidungen, die 2007/08 getroffen worden waren. „Damals wurde es schon eng hier, die beiden Häuser waren fast zu 90 Prozent ausgelastet. Und es lagen weitere Anfragen vor allem aus der Solarbranche vor. Doch dann kam der große Knall in der Solarindustrie.“

Der zweite große Knall kam 2018 mit dem Kreistagsbeschluss: Der Landkreis als einer der beiden Gesellschafter steigt aus. Nun liegt das TGZ allein in den Händen der Stadt. Ihr Gesellschafteranteil beträgt jährlich 52.000 Euro. Das allerdings, sagt der TGZ-Chef, sei nicht das Problem. „Das hat für uns vorerst keine finanziellen Auswirkungen. Es ist eher gut für die Zusammenarbeit, wenn man weiß, der Gesellschafter bekennt sich zu uns und unterstützt die weitere Entwicklung.“ Doch der macht verständlicherweise auch Forderungen auf, denn Einnahmen und Ausgaben des TGZ klaffen auseinander. Im Durchschnitt sind es jährlich 250.000 Euro, die der Gesellschafter jährlich zuschießt, damit das TGZ betriebsfähig ist. Doch das reicht nicht. 2018 beispielsweise endete mit einem Defizit von rund 9.000 Euro. „Ziel soll es nun sein, die Zuschüsse des Gesellschafters mittelfristig deutlich zu senken“, so Bruder.

Man kann es drehen und wenden – das Problem bleibt die Auslastung der Einrichtung. Um neue Mieter zu akquirieren, muss das TGZ Bitterfeld-Wolfen mit all seinen Vorteilen, zu denen unbedingt seine hohe Flexibilität gehört, bekannter werden. Nicht nur in der Region. Das brennt ihm unter den Nägeln. Dafür will Bruder, der zugleich Wirtschaftsförderer der Stadt Bitterfeld-Wolfen ist, die Zusammenarbeit mit Hoch- und Fachschulen intensivieren, das TGZ auf mehr einschlägigen Messen präsentieren, das Marketing weiter in den Focus rücken, die Palette der Dienstleistungen erweitern. Vor allem aber will er das Band mit dem Chemiepark, der am Fortbestand des TGZ interessiert ist, noch enger knüpfen. „Wir haben schließlich dasselbe Interesse.“ Denn es ist kein Geheimnis: Eine Einrichtung, die junge, innovative Unternehmen unterstützt, ist nicht nur gut für das Renommee, sie vervollständigt qualitativ den Chemiestandort. Und schließlich – diese Firmen könnten mit Eintritt in die Produktion potenzielle Ansiedler im Chemiepark sein.

Noch ein langer Weg

Steve Bruders größter Wunsch: „Dass Gründer und Start-ups eines Tages sagen: Wir wollen zu Euch.“ Bis dahin freilich dürfte der Weg noch lang sein. Vor allem für ein auf Chemie und Biologie ausgerichtetes TGZ wie das hiesige. Die Gründer in der Branche brauchen nicht nur mehr Mut und längeren Atem, weil die Investition größer ist und deren Rentabilität später einsetzt als beispielsweise in der angesagten IT-Branche, es braucht auch mehr Mutige mit langem Atem.

Steve Bruder

TGZ-Geschäftsführer